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Theologische FakultätGeschichte

Die Theologische Fakultät der 1386 gegründeten Universität Heidelberg kann auf eine lange Geschichte zurückschauen. Zeiten großer Ausstrahlung und Wirkungskraft stehen Perioden des Niedergangs gegenüber. Folgenreich war Luthers Heidelberger Disputation am 25./26. April 1518 im der Universität benachbarten Kloster der Augustinereremiten. Luther vertrat hier seine an Paulus und Augustin geschulte reformatorische Theologie und hinterließ einen starken Eindruck bei den zuhörenden Theologiestudenten. Die vier für den deutschen Südwesten wichtigen Reformatoren wurden durch diese Disputation für die Reformation gewonnen: Martin Bucer (1491-1551), Martin Frecht (1494-1556), Erhard Schnepf (1495-1558) und Johannes Brenz (1499-1570).

Die wohl wirkungsreichste Zeit der Heidelberger Theologischen Fakultät begann mit dem Regierungsantritt Kurfürst Friedrichs III., der seit 1559 den Übergang der Kurpfalz zum reformierten Protestantismus betrieb. Die Universität Heidelberg und insbesondere deren Theologische Fakultät wurde für ein paar Jahrzehnte zum geistigen Zentrum des reformierten Europa. Unter den (nach gegenwärtigem Sprachgebrauch!) „weltweit führenden“ Theologen seien genannt: Hieronymus Zanchi (1516-1590), Zacharias Ursinus (1534-1583, Hauptverfasser des Heidelberger Katechismus), Caspar Olevian (1536-1587), Immanuel Tremellius (1510-1580) und David Pareus (1548-1622). Diese Blütezeit wurde bereits in den Jahren 1576-1583 kurzzeitig unterbrochen, als ein erster kurfürstlicher Konfessionswechsel zur Entlassung der Theologieprofessoren wie auch von Professoren anderer Fakultäten führte.

Fakultätsgebäude

Mit der vernichtenden Niederlage Kurfürst Friedrichs V. in der Schlacht am Weißen Berg in der Nähe von Prag 1620, der Fortführung der Bibliotheca Palatina nach Rom im Jahre 1622 und der Durchsetzung des katholischen Bekenntnisses an der Universität begann eine lange Zeit der Stagnation mit mehrfachen Konfessionswechseln. Erst seit 1807, als die katholischen Theologieprofessoren nach Freiburg gingen und damit in Heidelberg wieder eine rein protestantische theologische Fakultät existierte, konnte sie an alte Zeiten anknüpfen. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wirkte der Exeget Heinrich Eberhard Gottlob Paulus als origineller Vertreter der Prinzipien rationalistischer Schriftauslegung. Der Systematiker Richard Rothe, der ursprünglich Exegese und Praktische Theologie lehrte, vertrat eine profilierte liberale Theologie. In den Jahren 1894 bis 1914 wirkte auch der „Systematiker der religionsgeschichtlichen Schule“, Ernst Troeltsch, in Heidelberg.

In der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft plante das Reichserziehungsministerium, die Fakultät aufzulösen. Über dreißig Jahre – von 1915 bis 1947 – lehrte der Neutestamentler Martin Dibelius, einer der Hauptvertreter der formgeschichtlichen Forschung, an der Theologischen Fakultät. Durch seine aufrechte Haltung und der im Unterschied zum überwiegenden Teil seiner Fakultätskollegen mutig durchgehaltenen Abgrenzung gegen den Nationalsozialismus hat er sich besondere Verdienste um die Fakultät erworben.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte die Heidelberger Theologische Fakultät eine große Blütezeit. Mit Gustav Hölscher (als erstem Dekan), Gerhard von Rad, Claus Westermann und Hans Walter Wolff im Alten Testament, Günther Bornkamm, Karl Georg Kuhn und Erich Dinkler im Neuen Testament, Hans Frhr. von Campenhausen, Heinrich Bornkamm und Martin Schmidt in der Kirchengeschichte, Edmund Schlink, Peter Brunner und Heinz-Eduard Tödt in der Systematischen Theologie sowie Wilhelm Hahn, Hans-Wolfgang Heidland und Herbert Krimm in der Praktischen Theologie gelangte die Fakultät in dem Vierteljahrhundert nach dem Zweiten Weltkrieg zu weltweiter Geltung. Bis heute geben der Fakultät das 1947 auf Betreiben Schlinks gegründete Ökumenische Institut und das 1954 unter Leitung von Krimm errichtete Diakoniewissenschaftliche Institut ein besonderes Profil.

Prof. Dr. Christoph Strohm